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Kiesgarten - aber Insektenfreundlich!!!
Mit Kiesgarten meine ich nicht das kostenintensive, freudlose und nach der Landesbauordnung illegale Entsorgen von Gesteinsschutt als sogenannte moderne Gartengestaltung, sondern den u.a. von Beth Chatto und Ewald Hügin geprägten Stil, die Vorteile maximal durchlässiger Böden in der Gartengestaltung zu nutzen. Aufgrund des Begriffsmissbrauchs ist die Nachfrage in den letzten Jahren deutlich gegenüber den Nullerjahren zurückgegangen. Doch gerade diese Art zu Gärtnern kann Funktionalität mit Ästhetik und Insektenfreundlichkeit verbinden. Und gießen muss hier auch keiner. Wieder ein aktuelles Thema...
Viele Pflanzengesellschaften in allen Klimazonen wachsen auf durchlässigen, nährstoffarmen, oft trockenen Böden. Die jeweiligen Arten haben sich auf unterschiedliche Weise an diesen Stress angepasst und gedeihen dort, wo es Löwenzahn und Co. schwer haben.
Warum nicht einen Vorteil für den Garten daraus ziehen und mit weniger Aufwand einen schöneren Garten genießen?
Kein Kampf mehr mit dem Wasserschlauch, kein samstägliches Rasenmähen.
Und wenn Sie doch mal während einer Trockenperiode gießen und gelegentlich verblühte Triebe entfernen, danken es viele Pflanzen mit einer Nachblüte oder hören gar nicht mit der Ersten auf.
Als wasser- und nährstoffarmer Standort bietet der Kiesgarten die Möglichkeit, kleinwüchsige Stauden und Gehölze ohne viel Pflegeaufwand zu halten, gleichzeitig lassen sich durch die tief wurzelnden Gräser und Gehölze auf kleinem Raum eindrucksvolle Höhenkontraste schaffen.
Wenn Sie über einen schweren Boden verfügen, der Ihnen die Freude an der Gartenarbeit verdirbt, gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Ihnen mehr Genuss und Lebensfreude im Garten ermöglichen. Der Rat zum Schottergarten ist auf Dauer der teuerste, eine standortgerechte Bepflanzung ist meist günstiger und kann etwas, das Schotter nicht kann, nämlich Freude erzeugen.
Wenn Sie das Glück haben, über einen tiefgründigen, humosen Boden zu verfügen, sollten Sie es sich sehr gut überlegen, diesen gegen Kies auszutauschen, da auch auf diesem mit der richtigen Auswahl wüchsiger Pflanzen ein wunderschöner, pflegeleichter Garten angepflanzt werden kann, seien es nun Hochstauden und Zwiebelblumen, die ein- bis zweimal im Jahr gemäht werden können, um Ihnen die Arbeit zu erleichtern, ein Gehölzgarten mit einer ganzjährig attraktiven Kombination von Bäumen, Sträuchern und Stauden oder vielleicht doch eher ein Garten im Landhausstil, der Ästhetik mit Nutzpflanzen verbindet - in einer modernen Form eigentlich mein persönlicher Favorit!
Die ersten Kiesgärten entstanden aus der Not, mit steinigem Boden gärtnern zu müssen bzw. zu wollen, sozusagen als genius loci, wie der als postmodern bezeichnete Garten von Derek Jarman am Strand von Dungeness oder der Gravelgarden von Beth Chatto, die einen ehemaligen Parkplatz ihrer Gärtnerei unter den Pflug nahm und bepflanzte. Hier waren bereits die wesentlichen Vorteile des Kiesgartens zu erkennen, nämlich der fließende Übergang von Weg und Pflanzfläche und die ideale Kombinierbarkeit mit Skulpturen aller Art, da ein sehr besonderer, selbst skulpturaler Ort entstand, der Kindheitserinnerungen weckt, sei es nun die heimische Wacholderheide oder ein besonderer Platz am Mittelmeer. Auch mit der Pflanzenauswahl lassen sich beide Assoziationen hervorrufen, es gibt hervorragende einheimische Pflanzen für diesen Standort wie den blutroten Storchschnabel, das Föhngras oder die Kaiserstuhlanemone, aber auch eine große Auswahl an Mittelmeer- und Prairiepflanzen.
Ich gehe eigentlich davon aus, dass auch in Deutschland ein Aufbrechen der starren Dreieinigkeit aus Kiesweg, Rosenbeet und Rasen -alles sauber durch Kantensteine getrennt- hin zu einem Lebens-Raum von vielen begrüßt werden müsste, bisher verschwand aber nur der Kiesweg zugunsten von Pflasterbelägen. Haben Sie schon mal darüber nachgedacht, wie viel schöner und günstiger eine Garagenzufahrt oder ein Weg zum Haus gebaut werden kann, wenn nur die Fahrspuren maximal verdichtet werden und die Restfläche mit mediterranen Kräutern und Blumen angesät oder bepflanzt wird? Aufgrund der Verwendung von Kies ist die gesamte Fläche wenn nötig befahrbar und im Gegensatz zu Rasen und Beetflächen ganzjährig begehbar - und gibt Ihnen das Gefühl, im Urlaub in der Provence zu sein.
Je nach Nährstoff- und Wassergehalt des Untergrunds sowie der gewünschten Nutzung kann der Kiesgarten sowohl dicht bepflanzt sein, so dass der Kies nur im Winter zu sehen ist, als auch ganz locker mit Pflanzengrüppchen, so dass eine aufgelockerte Kiesfläche entsteht, die durchaus noch Platz für Kinderfahrzeuge, Partygäste, Skulpturen und Hängemattenständer bietet. In diesem Fall ist der Kiesgarten eine Heterotopie, also ein realer Ort, an dem mehrere scheinbar unvereinbare Funktionen und Räume vereint sind.
Zu guter Letzt noch ein Derek Jarman-Zitat:
’Paradise haunts gardens, and some gardens are paradises. Mine is one of them. Others are like bad children, spoilt by their parents, over-watered and covered with noxious chemicals.’
Wie nahe ist Ihr Garten Ihren Vorstellungen vom Paradies?
Auch die Rosen müssen nicht verschwinden, sie sind aber so einzelgängerisch, dass einzelne Exemplare robuster Sorten und erst recht der meisten Wildrosen im „schlechtesten“ Boden immer noch gesünder wachsen als ihre Schwestern, die in Reih und Glied in "gutem Boden" stramm stehen müssen. Da nützt auch der vielzitierte Lavendel nichts, der die triste Gesellschaft aufmuntern soll. Der lockt mit seinen Blüten-wenn überhaupt-erst dann Nutzinsekten an, wenn die Blattläuse schon längst von Vögeln vertilgt oder von ungeduldigen Gärtnern weggespritzt sind-ein meist sinnloses Unterfangen.
Ich weiß nicht, wer sich das mit dem Lavendel ausgedacht hat und es war auf jeden Fall eine hundertprozentige Bereicherung des deutschen Rosenbeetes, aber seitdem vermehrt es sich, wie so vieles, vegetativ durch Abschreiben. Dabei gibt es zahlreiche Gründe anzunehmen, dass hunderte anderer Pflanzen mindestens so gut geeignet sind. Man riskiert dann allerdings, dies Gästen erklären zu müssen (oder zu dürfen ;) ) statt nur ein anerkennendes Nicken ob der „gelungenen“ Kombination aus Rosen und Lavendel erteilt zu bekommen.
Die Rose ’Sénégal’ habe ich von einer Rosengärtnerei aus Frankreich mitgebracht. Sie gedeiht bestens mit einem Eimer Kompost als Starthilfe im Kies vor einer Südwand mit einem gelegentlichen Schnitt als einzige Pflege. Nach fünf Jahren ist sie, die eigentlich als frostempfindlich gilt, eine imposante Kletterrose mit kerngesundem, wintergrünem Laub und zauberhaften Blüten, die ab Anfang Mai vor allen anderen gefüllten Rosen erblühen und dann bis in die Adventszeit nachtreiben - mit einem Duft, der nach einer Verwendung für Rosendelikatessen ruft!